Gerda ist das Schokoladenmädchen aus der Kölner Südstadt. Von ihr erzählt diese Reihe kurzweiliger Geschichten über das Schokoladenmuseum Köln, die Geschichte der Schokolade und die Domstadt Köln. Die Geschichten geben dabei einen Einblick in das Schokoladenmuseum. Was gibt es Interessantes im Museum zu entdecken, wie ist das Museum entstanden, was verbindet es mit Köln und den Namen Stollwerck und Imhoff.
Gerda ist die zum Leben erweckte Bronzeskulptur des Stollwerck-Schokoladenmädchens. Ein typisch kölsches Mädchen, frech, nicht auf den Mund gefallen – aber das Herz am rechten Fleck. Und das schlägt für Schokolade. Nichts liebt sie mehr als das. Kein Wunder. Denn geboren wurde sie im „Severinsklösterchens“ dem 1874 gegründeten „Krankenhaus der Augustinerinnen“ im Severinsviertel. Wer dort geboren wurde, der darf sich übrigens als echte „Kölsche“ bezeichnen. Der Duft von Schokolade, den die nahe gelegenen Stollwerck Fabrik zu ihrer Zeit über die Südstadt legte, strömte daher schon vom ersten Tage ihres Lebens durch ihre Nase.
Ihr zu Ehren wurde im Jahr 1990 eine Bronzefigur auf dem Kölner Severinskirchplatz errichtet. Sie entstand im Rahmen eines Wettbewerbes, um den Severinskirchplatz schöner zu gestalten. Das Ergebnis war die Plastik von Sepp Hürten. Benannt wurde sie in Anlehnung an den zu Beginn des 19. Jahrhunderts gebräuchlichsten weiblichen Vornamen. Der Bezug begründet sich in der ehemaligen Schokoladenfabrik Stollwerck, die bis in die 70er Jahre die Kölner Südstadt prägte. Dort waren viele junge Frauen in der Fabrik eingesetzt, um die Schokolade von Hand einzupacken.
Reisende zu Beginn des 19. Jahrhunderts berichteten vor allem von zwei Dingen aus dem Süden der Stadt. Ein süßlicher Duft hing über dem Viertel und es gab die sogenannten Schokoladenmädchen. Da verheiratete Frauen zu der Zeit – und das galt sogar bis zum Jahr 1958 – nur mit Zustimmung des Ehemannes arbeiten durften, waren es vor allem junge Frauen, die in der Schokoladenfabrik arbeiteten. 84 Stunden die Woche – also 12 Stunden am Tag und das auch am Sonntag. Da blieb nicht viel Zeit zu lernen, wie man einen Haushalt führt – denn das war es, was junge Frauen seinerzeit tun sollten. Um die Mädchen dieser Kritik nicht auszusetzen, hatte das Unternehmen Stollwerck dafür gesorgt, dass die Mädchen Koch- und Haushaltsunterricht erhielten. Dieser fand Sonntagnachmittag statt und man erwartete, dass die Mädchen daran teilnahmen.
Daach zusammen, ich bin´s, die Gerda, das Kölner Schokoladenmädchen.
Sagt bloß, ihr wisst nicht wer ich bin und habt noch nie von mir gehört? Na dann seid ihr nicht aus Köln oder habt die Stadt noch nicht wirklich kennengelernt. Aber das können wir ändern. Wenn ihr wollt, dann folgt mir hier auf meinem Blog. Ich nehme euch an die Hand und zeige euch meine Welt. Mein Veedel, die Fabrik in der ich arbeite und erzähle euch alles, was ich über Schokolade weiß. Ihr mögt doch Schokolade, oder? Aber wer mag Schokolade nicht? Ich kenne niemanden – und ich muss es ja nun wissen. Denn schließlich ziehe ich jeden Abend nach getaner Arbeit noch in Köln umher und verkaufe leckere Schokoladentäfelchen und Schokoladenbonbons. 10 Pfennig kosten die. Nicht billig, aber die von Stollwerk sind ja auch was ganz besonderes und richtig lecker. Habt ihr sie schon mal probiert? Wenn nicht – psst – ich verrate euch was: Dann müsst ihr mal ins Kölner Schokoladenmuseum gehen. Da steht ein Brunnen, aus dem sprudelt den ganzen Tag Schokolade. Und die bekommt ihr da völlig umsonst. Man, wäre das schön gewesen, wenn´s den damals, zu der Zeit, aus der ich komme, schon gegeben hätte.
Ach so. Auch das wisst Ihr ja noch gar nicht. Muss ich euch erzählen. Denn eigentlich lebe ich gar nicht im Jetzt, sondern komme aus dem Jahr 1922. Wie, ihr glaubt mir nicht? Dann lasst es mich Euch erzählen.
Genau um Mitternacht – ich weiß es noch so genau, denn es war beim zwölften Schlag der Glocke von St. Severin – eine katholische Basilika im Stil der Romanik, deren Bau teilweise auf das 10. Jahrhundert zurückgeht – wurde ich von magischer Hand zum Leben erweckt. Neben mir stand ein Körbchen mit leckerer Schokolade.
Ich wusste zunächst gar nicht, wie mir geschah, denn nun war ich lebendig. Das war schon sehr eigenartig, denn außer mir war in diesem Moment niemand sonst mehr auf dem Platz unterwegs.
Wenn ich heute so darüber nachdenke, kann ich es immer noch nicht fassen. Ach, da fällt mir noch etwas ein, was ich euch erzählen muss. Wisst ihr, dass es hier in Köln war – also die erste Kinovorführung der deutschen Filmgeschichte? Das war – lasst mich überlegen – im April 1896, nur wenige Monate nach der Geburtsstunde des Films im Jahr 1895. Ich weiß das deswegen so genau, weil mir meine Mutter schon davon erzählt hatte, als ich ein kleines Mädchen war. Die hatte auch bei Stollwerck gearbeitet und war dabei. Man war das ein großer Tag für meine Mutter und all die anderen Arbeiter von Stollwerck, denn die allererste Vorführung fand in der sogenannten, firmeneigenen „Volksküche“ auf dem Stollwerck-Gelände statt. Erst vier Tage später hatten dann auch alle anderen Kölner das Vergnügen. Und wer hat´s gemacht? Die Firma Gebrüder Stollwerck. Denn die waren damals mit der Deutschen Automaten Gesellschaft (DAG) schon ganz groß im Automatengeschäft tätig und haben am Augustinerplatz 12, da wo heute die Hohe Pforte ist, einen Saal angemietet.
Da wurden dann im ersten Stock des Gebäudes zwölf kurze Filme präsentiert. Für einen Eintrittspreis von 50 Pfennig (reservierte Plätze kosteten eine Mark) konnten die Kölner erstmals die neue Erfindung der „lebenden Bilder“ bestaunen. Wenn ihr mehr darüber erfahren wollt, dann schaut mal hier: www.koeln-im-film.de/filmgeschichte/die-ersten-filmaufnahmen
Das waren aufregende Zeiten, damals vor 100 Jahren, als ich im Severinsviertel gelebt und gearbeitet habe. Wir Kölner nennen es übrigens „Vringsveedel“. Die Geschichte von Stollwerck geht zurück bis ins Jahr 1815, als der Gründer, Franz Stollwerck, geboren wurde. Dazu später mehr.
Die Geschichten entstammen den Ideen von Klaus H. Schopen, dem Sprecher des Schokoladenmuseums Köln und dem Kölner Geschichtenerzähler Klaus-Peter Hausberg.