Die Adresse Corneliusstraße 2 war übrigens bewusst gewählt. Die Schokoladenfabrik wurde damals von den Straßenzügen Ferkulum-, Cornelius-, Annonstraße und Severinsmühlengasse eingegrenzt und war als „süsses Dreieck“ von Köln bekannt. Ursprünglich sollte der Haupteingang an der Straße „Im Ferkulum“ liegen. Das hielt man für eine Süßwarenfabrik aber nicht für werbewirksam und so wurde der Haupteingang in die Corneliusstraße verlegt
Aber das Gebäude, das da heute steht, sieht jetzt ganz anders aus – und die hohen spitzen Türme, die das neugotische Gebäude einst zierten gibt es auch nicht mehr. Wegen diesen Türmen nannten die Kölner das Gebäude auch den „Kamelledom“, da seine Türme fast so hoch waren wie die von St. Severin. Da, wo heute die zwei Aussparungen sind, waren damals die Türme. Ein Journalist vom Pariser Figaro hatte es zu meiner Zeit einmal so beschrieben: „Die benachbarten Straßen von ganz deliziösem Karamellengeruch erfüllt waren, und dass die Gänge und Bureaux der Fabrik mir ganz den Eindruck machten, als ob ich mich in einer riesenhaften Schokoladenkanne befände, die herrlich nach Kakao und Vanille duftete. Sogar in dem Arbeitszimmer des Herrn Stollwerck roch man den süßen Duft der heißen Schokoladenspeise, und das verlieh den buntfarbigen Statuen und Fenstern und den bemalten Säulen des Kontors einen ganz märchenhaften Anstrich. Es war, als ob man sich in einem Zauberschloss befände, wo die Steine aus Pfefferkuchen und Bonbons beständen, und die gemalten Fenster aus großen mit Zuckerwerk verzierten Platten von Kandis.“
Ins Arbeitszimmer vom Chef durften wir natürlich nicht. Aber meine Arbeitskolleginnen und ich haben manchmal nach getaner Arbeit – wenn wir abends mit unseren Schokoladenkörbchen durchs Veedel gezogen sind und beim Chef noch Licht brannte – Klingelmäuschen gespielt. Albern waren wir, haben gelacht und sind nach Hause gelaufen.
Zu meiner Zeit war es der Ludwig Stollwerck, der Stollwerck geleitet und zu seiner damaligen Blüte geführt hatte. Gestorben ist er am 12.03.1922. An seinem Todestag ist übrigens – was für ein schicksalhafter Zufall – der spätere Chef Hans Imhoff geboren.
Neugierig wie ich bin und schon immer war bin ich dann in den Vringstreff hineingegangen. Hier kümmert sich heute ein gemeinnütziger, ökumenischer Verein um benachteiligte Menschen und hat eine Begegnungsstätte geschaffen, die ein Mittagstischangebot, Freizeit- und Kulturangebote sowie Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten bietet.
An der Fassade des Hauses erinnert nichts mehr daran, dass hier der einstige Haupteingang vom Schokoladenimperium Stollwerck war. Aber die großen Glastüren geben den Blick auf zwei weiße Säulen, einen Teil der ursprünglichen Holzvertäfelung und ein hinterleuchtetes Relief frei, die auch schon zu meiner Zeit die Empfangshalle der Stollwerck-Zentrale schmückten.
Ich bin dann um die Ecke und weiter in der Severinsmühlengasse gegangen und hab mich sehr gefreut, dass hier noch ein Teil der alten Fassade des Verwaltungsgebäudes der ehemaligen Stollwerck-Fabrik zu sehen ist. Und das wird wohl so bleiben, denn sie steht heute unter Denkmalschutz.