Annette Imhoff Geschäftsführerin Schokoladenmuseum Köln

Annette Imhoff - Das kulturelle Erbe Kölns

„Kunst = Frieden - Das kulturelle Erbe Kölns“

Das Schokoladenmuseum Köln

Ein süßes Stück Stadtgeschichte von Annette Imhoff

Am 24. August 2025 fand im Kunsthaus Rhenania in Köln unter dem Motto „Kunst = Frieden - Das kulturelle Erbe Kölns“ eine internationale Kunstbegegnung statt, die das kulturelle Erbe Kölns in den Mittelpunkt stellt und Frieden, Toleranz und Verständigung zwischen Kulturen erfahrbar macht. 

Annette Imhoff, Geschäftsführerin des Schokoladenmuseums und Tochter des Gründers Hans Imhoff, begleitete mit dem nachfolgenden Beitrag den Auftakt zu dieser außergewöhnlichen Veranstaltungsreihe. 

Die Veranstaltung ist eine Initiative der Künstlerin und Kuratorin Asuman Hasircioglu. Weitere Infos findet ihr über die nachfolgenden Links:

asumanart  / magnumferra / ebruart-asuman

Hans Imhoff vor seinem Schokoladenmuseum
Hans Imhoff vor seinem Schokoladenmuseum

Ein Herz aus Schokolade

Wenn ich an das Schokoladenmuseum denke, denke ich zuerst an meinen Vater. Hans Imhoff

sagte einmal von sich selbst: „Ich habe ein Herz aus Schokolade.“ Diese Worte waren mehr als nur eine charmante Selbstbeschreibung – sie spiegelten seine unternehmerische Leidenschaft wider, seine Liebe zu Köln und seinen Wunsch, etwas Bleibendes zu schaffen.

1993 wurde dieser Wunsch Wirklichkeit. Nachdem meine Mutter nach intensiver Suche den perfekten Standort gefunden hatte, entstand im sich wandelnden Rheinauhafen ein einzigartiges Museum – ganz ohne öffentliche Zuschüsse, allein aus privater Initiative. Es war ein mutiger Schritt. Ein echtes Pionierprojekt. Für meinen Vater war es ein Herzensprojekt. Für mich ist es heute eine große Ehre und Verantwortung, diese Geschichte weiterzuführen.

Ich möchte dir heute erzählen, warum dieses Haus nicht nur ein Museum für Schokolade ist, sondern ein lebendiger Teil des kulturellen Erbes unserer Stadt. Ein Erbe, das Genuss, Geschichte und gesellschaftliche Verantwortung miteinander verbindet.

Vom Zollhafen zum Kulturhafen

Das Museum steht an einem geschichtsträchtigen Ort: dem alten Zollhafen von Köln. Jahrzehntelang war er Umschlagplatz für Waren aus aller Welt – Zucker, Kakao,
Kaffee. Hier schlug das wirtschaftliche Herz einer Handelsstadt, die seit der Römerzeit mit internationalen Märkten verflochten ist.

Das Gebäude, in dem sich das Museum heute befindet, war einst ein Bürogebäude. Die Lagerhalle daneben beherbergt heute das Sportmuseum. Der historische
Mittelteil des Museums steht unter Denkmalschutz – ein Zeugnis rheinischer Industriekultur.

Heute ist der Rheinauhafen Symbol für die Wandlungsfähigkeit unserer Stadt: Aus Industrie wurde Kultur. Das Schokoladenmuseum war dabei Wegbereiter. Bereits im Eröffnungsjahr 1993, lange vor der städtebaulichen Umgestaltung, kamen Besucherinnen und Besucher aus aller Welt hierher. Die Architektur – entworfen von Prof.Fritz Eller – erinnert an ein Schiff. Vom Rheinufer betrachtet wirkt das Gebäude, als würde ein Schiff auf dem Fluss liegen. So bleibt die Erinnerung an die Hafenvergangenheit sichtbar.
 

Historische Aufnahme vom Rheinauhafen in Köln
Rheinauhafen Köln historisch

Industriekultur, Handel, Transformation 

Köln war immer eine Handelsstadt. Schon die römische Colonia war ein Drehkreuz. Später wurde Köln zum Zentrum der Lebensmittel- und Süßwarenindustrie. Namen wie Stollwerck oder Imhoff sind eng mit dieser Geschichte verknüpft. Und auch Pfeifer & Langen liefert bis heute Zucker an Haushalte und Betriebe in der Region – vielleicht sogar in deine Küche.

Im Museum erzählen wir diese lebendige Geschichte. Wir machen sie erlebbar: In unserer gläsernen Schokoladenfabrik produzieren wir täglich echte Schokolade aus Lindt Schokoladenmassen: 160.000 Kilogramm im Jahr – das sind  20,5 Millionen kleine Naps. Leider ist das die einzige Schokoladenproduktion, die es in Köln heute noch gibt. Mit der Schließung der Stollwerck-Fabrik in Porz im Jahr 2005 endete eine 150-jährige Tradition. Umso wichtiger ist es, industrielle Kultur nicht nur zu bewahren, sondern ihre Logik zu erklären: Rohstoffe, die aufwendig an oder abgebaut werden müssen und zum Teil um die halbe Welt transportiert werden. Eine immer komplexer werdende Technologie und nicht zu Letzt der Weg bis zum Kunden, über die Schaffung von etablierten Marken. All dies ist in Köln häufig passiert! Wer unsere gläserne Schokoladenfabrik besucht, versteht, wie Industrie, Handwerk und Design zusammenkommen – ein Lernort über Wertschöpfung im besten Sinne. Umso wichtiger ist es uns, diese Geschichte zu bewahren und weiterzuerzählen – denn industrielle Kulturgeschichte ist Teil unserer kollektiven Identität.

Ausstellung Weltreise des Kakaos im Schokoladenmuseum

Schokolade als globales Kulturgut

Aber Schokolade ist nicht nur lokal. Sie ist ein globales Kulturgut. Und sie hat eine jahrtausende alte Geschichte die bis zu den Olmeken, Maya oder Azteken zurückreicht. In den ersten Jahrhunderten dieser Geschichte ist der Kakaobaum nur in Amerika bekannt. Der Kakao, den wir in Europa so lieben lernten, ist Teil einer Kolonialgeschichte voller Ausbeutung. Den unmenschlichen Bedingungen, die auf den Plantagen herrschten muss man sich als Teil der Geschichte stellen. Bis heute! Kakao ist ein komplexes Produkt. Seine Lieferkette ist lang – und nicht frei von Problemen: In vielen Anbauländern haben wir es mit großer Armut zu tun, die man bekämpfen muss, denn zu ihren schlimmsten Auswüchsen gehört sicherlich die auch medial immer wieder angeklagte Kinderarbeit auf den Feldern. Hinzu kommen Umweltthemen. Abholzung von tropischem Regenwald um neue Plantagen anzulegen. Ein hoher Einsatz von Pestiziden, der sowohl die dort arbeitenden Menschen wie auch die Umwelt gefährden. Wir zeigen daher im Museum nicht nur die glänzende Seite. Sondern auch die kritische. Und wir zeigen Wege: Fair-Trade-Projekte, transparente Lieferketten, Bildungsinitiativen. Als von der UNESCO ausgezeichneter Lernort sensibilisieren wir für globale Zusammenhänge. Mit Herz – nicht mit erhobenem Zeigefinger. Kulturelles Erbe ist nur dann zukunftsfähig, wenn es auch Verantwortung einschließt. Wer Produktionsbedingungen versteht, trifft andere Entscheidungen; genau dort setzt unsere Bildungsarbeit an. 

Genusskultur in Köln

Dabei ist es uns in unserer Arbeit wichtig das Positive nie aus den Augen zu verlieren, denn Köln ist schließlich eine Stadt des Genusses, der Geselligkeit und der
Lebensfreude. Man denke nur an Karneval, Kölsch, unsere Brauhäuser oder das legendäre "Hätz" der Kölnerinnen und Kölner. 

Schokolade fügt sich nahtlos in dieses Bild ein. Sie steht für Glück, Sinnlichkeit, Gemeinschaft – und genau das vermittelt unser Haus. Wir machen Kultur mit allen Sinnen erfahrbar: Mit einem Schokoladenbrunnen, der jährlich über 2.400 kg flüssige Schokolade zirkulieren lässt. Mit Verkostungen, Workshops, Duftstationen. Mit Geschichten, die unter die Haut gehen. 

So wird das Museum zu einem Ort, an dem Kultur nicht nur vermittelt, sondern gespürt wird. Ein sehr kölscher Zugang zur Welt.
 

SDGs Weltreise des Kakaos

Ein Haus für alle Generationen

Das Schokoladenmuseum ist mehr als ein Ausstellungsraum. Es ist ein Ort der Begegnung, der Teilhabe und des generationenübergreifenden Lernens. Unsere museumspädagogischen Angebote richten sich an Kinder, Jugendliche, Familien, Schulklassen, Studierende und Seniorinnen und Senioren gleichermaßen. 

Wir bieten jährlich über 3.500 Führungen und rund 400 Kurse und Verkostungen an. Ob Schokoladenkurs für Kinder, Lehrerfortbildung, Verkostungen mit Wein und Schokolade oder Nachhaltigkeitsführungen – bei uns wird Wissen lebendig. Besonders wichtig ist uns die Inklusion: Es gibt barrierefreie Formate, Programme für demenziell erkrankte Menschen, sowie Bildungsangebote für Senior:innen in Kooperation mit Pflegeeinrichtungen, die wir besuchen kommen. Damit leisten wir einen konkreten Beitrag zur kulturellen Teilhabe aller.
 

Ein Fenster zur Welt

Kakao ist ein globales Produkt. Es verbindet Köln mit Ursprungsländern in Westafrika, Mittelamerika und Asien. Diese internationale Dimension machen wir sichtbar und begreifbar: In unserer neu konzipierten Ausstellung "Weltreise des Kakaos", die 2023 vollständig überarbeitet wurde, folgt man dem Weg der Bohne vom Anbau bis zur Tafel. Man lernt die Menschen kennen, die Kakao ernten, verarbeiten und mit ihm handeln. Und man erfährt, welche politischen, ökologischen und sozialen Fragen mit diesem Produkt auf seinem langen Weg verbunden sind. Die Ausstellung ist Teil unseres Bildungsauftrags und orientiert sich an den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs). Sie bietet konkrete Lernangebote zu globaler Gerechtigkeit, Umweltverantwortung und Lieferkettenethik – für Schulen, Gruppen und Individualbesucherinnen und -besucher.

Als UNESCO-ausgezeichneter Lernort und zertifizierte Bildungseinrichtung für nachhaltige Entwicklung gestalten wir Zukunft aktiv mit. Das Schokoladenmuseum bringt Köln in die Welt – und die Welt nach Köln.

30 Jahre Museumsarbeit

Seit über 30 Jahren ist das Schokoladenmuseum ein Publikumsmagnet. Mit rund 260 Mitarbeitenden, darunter 110 im Museum, 110 in der Gastronomie und 40 im Shop, sind wir nicht nur ein Ort der Kultur, sondern auch ein wichtiger Arbeitgeber in der Region. 2024 durften wir mit über 704.000 Gästen einen neuen Rekord verzeichnen. Damit sind wir nicht nur das erfolgreichste Museum der Stadt, sondern auch in ganz NRW – und eines der meistbesuchten in ganz Deutschland. Dieser Erfolg ist kein Zufall: Er basiert auf konsequenter Qualität, kontinuierlicher Weiterentwicklung und dem festen Willen, Kultur für alle erfahrbar zu machen. Hinter jedem Rekord stehen viele kleine Entscheidungen, ein motiviertes Team und eine klare Vision. Dazu gehören Investitionen in Ausstellungserneuerungen, Servicequalität, Digitalisierung und Vermittlung ebenso wie die enge Zusammenarbeit mit Partnern in Stadt, Bildung und Kultur. Unsere wirtschaftliche Unabhängigkeit verschafft uns die Freiheit, dort zu investieren, wo es die Museumsgäste spüren. 

Ausstellung Zeitreise des Kakaos
Kolonialismus in der Ausstellung

Zeitreise des Kakaos – Kulturgeschichte neu erzählt

Im Juni 2025 haben wir im 1. Obergeschoss die neugestaltete kulturgeschichtliche Ausstellung "Zeitreise des Kakaos" eröffnet. Sie ist das Ergebnis jahrelanger Forschung, Konzeption und kreativer Arbeit. Die Geschichte der Schokolade umfasst fünf Jahrtausende. Und so beginnt auch die Ausstellung in Süd- und Mittelamerika und erzählt die Geschichte ihrer kulturellen Bedeutung – bis sie „europäisch“ wird. Von den Trinkschokoladen im 16. und 17. Jahrhundert, spannt sie die Erzählung über die Industrialisierung im 19. Jahrhundert bis hin zur heutigen Konsumwelt. Die Ausstellung verknüpft Alltagsgeschichte, Technikgeschichte, Werbewelten und politische Entwicklungen. Sie zeigt: Schokolade ist auch ein Spiegel gesellschaftlicher Veränderung. Und sie macht deutlich, dass Kulturgeschichte niemals abgeschlossen ist, sondern ständig weitergeschrieben wird – mit jedem Stück Schokolade. In unserer Ausstellung wird dabei nie aus den Augen verloren, dass auch schon das Luxusprodukt des Barocks eine Schattenseite hatte. Die blutige Unterwerfung großer Teile Amerikas durch europäische Mächte. Der transatlantische Sklavenhandel, der Plantagen mit billigen Arbeitskräften versorgte, die unter unmenschlichen Bedingungen Produkte für Europa herstellten: Rohrzucker, Kakao, Baumwolle, um ein paar bekannte Beispiele zu nennen. Und nach dem Ende der Sklaverei? Man beginnt damit Kolonien in Afrika zu gründen, mit dem erklärten Ziel nun hier billig für den europäischen Markt zu produzieren! Weit weg? Nein, denn eine wichtige Handelsstadt wie Köln profitierte in der Kolonialzeit von diesen Strukturen. Die Waren der Kolonialzeit werden im Rheinauhafen gelöscht.

Auch das ist Teil unseres kulturellen Erbes. Ein schmerzliches Kapitel, dem man sich aber stellen muss. Und so verschweigen wir in unserer Ausstellung diese Verflechtungen nicht. Wir zeigen „Kolonialschokolade“, mit der Stollwerck stolz Werbung machte. Und wir geben einen Denkanstoß, warum Werbefiguren, die in dieser Zeit entstanden sind, oft problematisch sind. Bei all den Schattenseiten bleibt Schokolade aber trotzdem etwas Wundervolles. Und deshalb… erzählen wir Kulturgeschichte nicht als Moralpredigt, sondern als Einladung zur Empathie: zu verstehen, wie Genuss und Gerechtigkeit zusammengehören. 
 

Gäste in der Ausstellung Schokolade ist ein Gefühl

Schokolade ist ein Gefühl

Seit dem Sommer 2024 trägt eine neue Ausstellung im 2. Obergeschoss den Titel: "Schokolade ist ein Gefühl". Und das bringt es auf den Punkt - Schokolade weckt Erinnerungen an die Kindheit, an Familienfeste oder einfach an den Feierabend. Sie steht für Geborgenheit, Trost und Glück. Sie ist nicht nur ein Produkt, sie ist ein ganz besonderer Gefühlsträger. In dieser Ausstellung kombinieren wir Sinneserlebnisse, historische Erzählungen und moderne Medien. Wir verbinden Geschmack mit Geschichte, Emotion mit Information. Dazu gehören Soundeffekte, kleine Erzählräume und sinnliche Stationen, an denen Besucherinnen und Besucher ihren eigenen Erinnerungen nachspüren – von der Lieblingsschokolade in der Kindheit bis aktuellen wirklich kuriosen Geschmackskreationen. Unser Ziel: Ein Besuchserlebnis, das bleibt. Nicht nur im Kopf, sondern auch im Herzen. Denn genau das macht kulturelles Erbe aus: Es verbindet Vergangenheit mit Gefühl, Geschichte mit Identität.
Und hier schließt sich der Kreis zum Herz aus Schokolade meines Vaters…
 

Riesenrad Schokoladenmuseum Köln

Ein Ausblick

Das Schokoladenmuseum ist ein lebendiger Teil des kulturellen Gedächtnisses dieser Stadt. Es erzählt von Handel und Wandel, von Sinnlichkeit und Verantwortung, von Geschichte und Zukunft. Ich hoffe ich konnte dir zeigen, dass das Schokoladenmuseum weit mehr ist als ein touristischer Ort. Es ist ein Ort der Bildung, der Begegnung, des Erinnerns und des Erlebens.

Ich lade dich herzlich ein: Komm vorbei! Entdecke mit uns die Welt der Schokolade – als Teil der Weltstadt Köln.

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Dieser Beitrag wurde verfasst von:

Ich bin Astrid und schon seit mehr als 10 Jahren im Schokoladenmuseum im Marketing unterwegs. Das ist ja auch einer der schönsten Arbeitsplätze in Köln und es gibt immer wieder tolle Geschichten rund um das Thema Kakao und Schokolade zu erzählen. Wo bitte hat man so einen tollen Blick auf den Rhein direkt vom Schreibtisch?